Westküste USA

Von Vancouver nach Los Angeles

Zur meiner ersten Radtour außerhalb von Europa, startete ich im Sommer 2006 nicht alleine, sondern mit meinem ältesten Sohn Martin und meinem guten Freund Werner, mit dem ich schon einige Touren gefahren war. Die Tour führte entlang des berühmten U.S. Highway 101, welcher auch die Golden Gate Bridge bei San Francisco überquert und an der Küste entlang durch die Staaten Washington, Oregon und Kalifornien führt.

Gesamtstrecke: 3089 Kilometer in 29 Etappen

Doch bevor es auf den besagten Highway ging, genossen wir zu Beginn der Tour das Flair von Vancouver. Wir bewohnten ein kleines Zimmer in einem Hostel und erkundeten die Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie etwa Stanley Park, mit dem Rad. In der großzügig angelegten Stadt war dies erstaunlich einfach, da die Spuren, welche von den elektrifizierten, öffentlichen Bussen genutzt wurden auch für Fahrradfahrer freigegeben waren, wodurch wir extrem viel Straße für uns hatten.

Marina von Vancouver

Der Start aus der Stadt war zwar ein wenig holprig, da direkt die Kette an meinem Rad riss, aber mit der fachkundigen Hilfe aus Vancouvers Fahrradläden, waren die Schäden bald behoben und wir gingen mit drei Stunden Verspätung auf unsere Tour. Wir wollten noch am gleichen Tag bis in die USA kommen, was zwei Fährfahrten und eine Tunneldurchquerung beinhaltete. An dem Tunnel mussten wir darauf warten, dass uns ein kostenfreier Shuttleservice hindurchbringt, denn für Fahrradfahrer war er gesperrt. Dies hatte zur Folge, dass wir erst spät abends in Port Angeles ankamen und nur mit der Hilfe von Elle und Colline, die wir auf der Fähre kennengelernt haben, fanden wir zeitnah ein Motel für die Nacht. 

Zu dritt auf der 101

Am nächsten Tag waren wir bereits auf der 101, die uns erstmal nach Westen bis an die Pazifikküste führte. Die Strecke ging durch den Olympic National Park, der neben dem Mount Olympus ein ausgedehntes Regenwaldgebiet beheimatet. Die erste Bekanntschaft mit dem Pazifik machten wir am mystischen Ruby Beach, welcher mit Treibholz übersät im Nebelschleier der tosenden Brandung lag.

Die Überquerung der Staatengrenze zwischen Washington und Oregon, war ein weiteres Highlight auf der Strecke. Die 6,3 Kilometer lange Brücke bei Astoria über den Columbia River war aufgrund ihrer kurzen, aber knackigen Steigung gar nicht so ohne.

Brücke über den Columbia River

In Oregon sollte uns das Glück jedoch verlassen. Werner musste aufgrund von starken Beschwerden ins Krankenhaus und konnte die Tour nicht mehr fortsetzen. Durch diesen Umstand lernten wir allerdings einen sehr positiven Aspekt der Vereinigten Staaten kennen. Die Hilfsbereitschaft vieler Menschen ist fast so grenzenlos wie das Land. Die gesamte Zeit in Lincoln City konnten wir zuerst bei einer Arztfamilie und danach bei einer Krankenschwester, des Krankenhauses in dem Werner war, wohnen. Es war wirklich toll wie uns alle in Lincoln City unterstützten. Für uns stand nun eine schwere Entscheidung an. Werner musste zurück nach Deutschland und wir konnten ihn nicht alleine lassen. Martin entschloss sich bei ihm zu bleiben und die zwei schickten mich auf die Reise, um den Rest der Tour zurückzulegen.

Schicksal in Lincoln City

Schweren Herzens machte ich mich alleine auf den Weg, etwa fünf bis sechs Tage hinter unseren ursprünglichen Zeitplan. Um diesen Rückstand ein wenig aufzuholen, wurden die Etappen nun ein bisschen länger. Trotz allem für ich nur etwa 150 Kilometer pro Tag und hatte die Grenze nach Kalifornien bereits drei Tage später überquert.

Dünenlandschaft in Oregon

Auf meinen Touren spielt das Essen immer eine große Rolle. Ganz im Gegensatz zu meinem Sohn, der schon einmal mit 13 € Gesamtkosten  in zwei Tagen von Mainz nach München gefahren ist, indem er sich von Apfelsaftschorle, Baguette und Bananen ernährte, brauche ich eine Menge Kalorien, wenn es auf dem Rad gut laufen soll. Zum Glück sind die USA für solches Essen bekannt und es traten bei mir keine Mangelerscheinungen auf.

Blue Heron Bistro in Coos Bay

In Kalifornien wurde die Strecke merklich anspruchsvoller. In den Redwoods führt die Strecke vom Meer bis hinauf auf 1000 m Höhe. Natürlich ist dies nicht zu vergleichen mit den Pässen in den Alpen, welche ich davor gefahren war. Trotz allem deuten die Schilder mit der geschlängelten Straße immer auf ein Teilstück hin, in dem man etwas kräftiger in die Pedale treten muss, um voranzukommen.

Mir schwant nichts Gutes

Natürlich bietet die kalifornische Küste Traumhafte Aussichten sowie hier und da ein paar Kuriositäten. Die Redwoods mit den riesigen Zedern kann man jedoch mit kaum einen anderen Wort als „gewaltig“ beschreiben. Diese sogenannten Mammutbäumen können über 100 m hoch und 3000 Jahre alt werden.  Etwas anders als sich klein und unbedeutend fühlen, kann man in deren Gegenwart wohl kaum.

Golden Gate Bridge

San Francisco begrüßte mich mit dem berühmten kalifornischen Küstendunst, was meine Laune jedoch nicht beeinträchtigen konnte. Vielmehr genoss ich das Flair der Stadt, die wohl am europäischsten anmutet, von allen Städten der Westküste.

Südlich von San Francisco nutzte ich die Zeit, um ein paar Tiere zu bewundern. Bei Monterey gibt es nicht nur unzählige kalifornische Seelöwen, sondern auch ein riesiges Aquarium, in dem man Unterwasserwelt den Monterey Bay hautnah erleben kann.

Da es so viel zu sehen gab war ich es ab San Francisco etwas ruhiger angegangen. Die letzten drei Etappen vor Los Angeles, immer an der wunderschönen kalifornischen Küste entlang, hatten doch eine etwas sportlichere Länge. Ein ganz besonderer Spaß war es, an den im Stau stehenden Fahrzeugen vorbei in die Stadt zu fahren und dies auf einem mehrspurigen Highway. Und dann war es soweit. Ich war in der Stadt der Engel angekommen und reihte mich ein in dieses Sammelsurium aus „ganz speziellen Menschen“.

Küstennebel in Kalifornien

Etwas mehr als ein Monat war ich an der Westküste unterwegs und es ging nicht nur in Bezug auf das Radfahren auf und ab. Sechzehn Jahre später mache ich es etwas anders. Diesmal starte ich die Tour in den USA und werde Kanada etwas mehr Zeit widmen.

Walk of Fame