Island

1680 Kilometer auf der Ringstraße

Im Sommer 2018 startete ich in eine Fahrradtour im Land der Feen und Trolle, wie die Einheimischen Island gerne nennen. Die Landschaft hat tatsächlich etwas Unfassbares, nicht Greifbares, eben Magisches und welches Fortbewegungsmittel wäre besser, um diese Magie auf sich wirken zu lassen, als ein Fahrrad. Es gibt dabei nur ein kleines Problem, wie ich am eigenen Leib erfahren musste. Das Wetter auf Island ist unberechenbar und kann auch im Hochsommer mitunter sehr unangenehm werden. Gut, wenn man dann nicht gerade auf einem Sattel sitzt.

Gullfoss

Was man allen skandinavischen Ländern lassen muss, ist dass die Menschen in vielerlei Hinsicht mitdenken. So ist dies auch auf Island, wo am Flughafen in Keflavik ein Container bereitgestellt wird, in dem man sein Fahrrad nach der Landung zusammenbauen kann, um sich direkt auf den Weg in Richtung Ringstraße zu machen.

Am Flughafen in Keflavik

Nicht weit von Keflavik in der Hauptstadt Reykjavik beginnt die Ringstraße, welche einmal um Island herum führt und die größten Ortschaften miteinander verbindet. Als Radfahrer war für mich die wichtigste Entscheidung, in welcher Richtung ich die Ringstraße angehe. Ich entschloss mich die Route im Uhrzeigersinn zu fahren und den sogenannten „Golden Circle“, der im Südwesten des Landes liegt und für die meisten Touristen das Highlight der Reise ist, am Schluss zu fahren, was sich als Glücksfall herausstellen sollte.

Die Ringstraße

Die ersten Tage ging es auf anspruchsvollen Straßen von Reykjavik Richtung Norden bis an die Küste. Der Nashornfelsen bei Hvítserkur ist ein beliebtes Fotomotiv, weshalb ich gerne für einen kleinen Abstecher die Ringstraße verließ. Hin und zurück waren das 60 km Schotterpiste, die man auf Island nur allzu häufig  vorfindet.

Obwohl viele Touristen aufgrund der Reisekosten sich nur nur auf den Süden der Insel konzentrieren, hat der der Norden durchaus seine Reize. Der Godafoss, ein breiter und mächtiger Wasserfall und der Myvatn ein großer See in einem beeindruckenden Vulkangebiet, sind nur zwei Beispiele. Diese tollen Naturschauspiele zu verpassen, ist gar nicht notwendig, denn eine Islandreise muss nicht teuer sein. Auch wenn ein Zimmer für zwei im Sommer etwa 150 € kostet und eine Pizza um die 20 €, so konnte ich doch mit dem Übernachten auf Zeltplätzen (maximal 15 € pro Erwachsenen)und der Selbstverpflegung mein Reisebudget schonen. Dieses Geld konnte ich dann in ein weiteres Highlight investieren.

Die Ringstraße

Ganz im Norden der Insel befindet sich eines der besten Gebiete für Whalewatching weltweit. Die Preise für eine solche Tour sind zwar nicht ohne, dafür kommt man zu fast hundert Prozent den sanften Riesen sehr nahe. So war es auch in meinem Fall, als ein Buckelwal sich für eine Weile in der Nähe unseres Bootes aufhielt.

Heckflosse eines Buckelwals

Zurück am Myvatn, in dessen Nähe sich ein Geothermalgebiet und auch ein entsprechendes Kraftwerk befindet, nutzte ich die Gelegenheit, um mich ein bisschen zu entspannen bei einem Besuch im dortigen Jardböd. Dieses Bad wird mit Wasser aus dem anliegenden Kraftwerk gespeist und diverse Algen sowie Mineralien geben ihm die typisch milchig-blaue Farbe.

Jardböd am Myvatn

Ein Teilstück der Ringstraße, vom Myvatn bis nach Egilstadir, überbrückte ich mit dem Bus, da die Windverhältnisse auf der dortigen Hochebene es nicht möglich gemacht hätten, die Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen. Die Strecke von Egilstadir durfte ich dann allerdings mit dem Rad genießen und sie ist bis in den Golden Circle hinein, eine der wohl schönsten Strecken, die man mit zwei oder vier Rädern zurücklegen kann. Vorbei an riesigen Lavafeldern, die sich zwischen der Ringstraße und dem Meer erstrecken,  Gletschern und deren Muränen zur Rechten, kam ich für mehrere hundert Kilometer aus dem Staunen nicht heraus. Auch der Rückenwind trug ein Stück dazu bei, dass diese Strecke ein echtes Highlight war. Hier zahlte es sich aus die Tour im Uhrzeigersinn gefahren zu sein, denn einige Leidgenossen, die mir entgegenfuhren konnten nur staunen, wie ich an ihnen vorbeischoss.

Der Gletschersee Jökulsarlon

Nun wurde das Radfahren fast zu Nebensache, denn ein Naturschauspiel folgte dem anderen. Der Jökulsarlon mit seinem langsam dahintreibenden Eisbergen, zwischen denen sich die Robben tummeln, der gewaltige Skógafoss, welcher bei Sonnenschein wunderschöne Regenbogen mit seinen Wassermassen erscheinen lässt, oder der filigrane Seljalandsfoss, hinter dem man entlangspazieren kann, auch wenn Regenkleidung zu empfehlen ist, sind für jeden Islandbesucher echte Highlights und haben auch mich beeindruckt.

Seljalandsfoss

Nun führte mich meine Route wieder in ein geothermalaktives Gebiet. In der Ortschaft Geysir brodelt es unter der Erde. Der große Geysir, welcher Namensgeber für alle Naturphänomäne dieser Art ist, spuckt zwar schon lange keine Fontänen mehr in den Himmel, dafür ist sein kleiner Bruder, der Strokkur, umso aktiver. Er schleudert seinen Dampf- und Wasserstrahl etwa alle 10 Minuten bis zu 30 Meter in die Höhe und dies mit einer Explosivität, dass ich mich beim Versuch zu Fotografieren fast immer erschreckte.

Meine Islandtour neigte sich nun dem Ende entgegen in zwei Tagen fuhr ich etwa 170 Kilometer von Geysir wieder auf die Halbinsel Reykianesbaer, welche von vielen als kleines Island betrachtet wird, da man einiges von dem, was dieses tolle Land ausmacht, auch dort schon bestaunen kann. Ein Highlight auf diesem Abschnitt war der Gullfoss, ein Wasserfall der sich in eine tiefe Schlucht stürzt und Anfang des 20. Jahrhunderts für Aufsehen sorgte, da er in ein Wasserkraftwerk verwandelt werden sollte. Doch standhaft wie die Isländer sind, konnte dies verhindert werden.
Nach 18 Tagen und 1680 Kilometern auf der Ringstraße, verabschiedete ich mich vom Land der Feen und Trolle.

Sonnenuntergang bei Grindavik